Die Motivation, eine Baumart für ein Jahr besonders hervorzuheben, ist eine ähnliche wie beim Tag des Baumes. Die Auswahlkriterien für die Wahl eines Baumes sind sehr unterschiedlich, aber das Ziel ist dasselbe: die Baumart in dem Jahr bekannter zu machen. Dabei stehen jeweils andere Gründe im Vordergrund, wie zum Beispiel seine Gefährdung, seine Seltenheit, Baumkrankheiten, der Klimawandel oder seine Bedeutung für den Menschen. Viele Städte und Grünämter werden durch die Wahl dazu angeregt, bei Neupflanzungen insbesondere diese gewählten Bäume zu verwenden.
Als Informationsmaterial finden Sie die dazugehörigen Infoblätter in unserem Online-Shop.
Die uns allen bekannte Buche wird botanisch korrekt Rotbuche genannt. Grund ist ihr leicht rötliches Holz im Gegensatz zu den anderen Buchenarten. Sie ist mit 16 Prozent (Stand: BWI 2012) die häufigste Laubbaumart in den Wäldern Deutschlands. Ohne die menschlichen Eingriffe in die Waldstruktur, durch die Fichte und Kiefer am häufigsten in unseren Wäldern zu finden sind, wäre die Buche die dominanteste Baumart.
Sie steht nun schon zum zweiten Mal auf der Liste der Bäume des Jahres. 1990 wurde sie erstmals ausgezeichnet, da ihr damals die Luftschadstoffe stark zugesetzt hatten. Für 2022 wurde sie erneut gekürt, da sie in den letzten drei Jahren unter Hitze und Trockenheit gelitten hat. Spärliches Laub und abgestorbene Kronenteile sind die sichtbaren Zeichen. Denn die Buche benötigt jährlich mindestens 650 Millimeter Regen pro Quadratmeter. Sie hat geringe Ansprüche an den Boden, nur zu nasse oder zu trockene Böden sind nichts für sie. Trotzdem ist der Wasserhaushalt des jeweiligen Bodens entscheidend für die Widerstandsfähigkeit der Buche gegenüber Trockenheit.
Besonders vorteilhaft ist ihre Schattentoleranz. Junge Buchen können im Schatten alter Bäume jahrzehntelang überleben und sofort in die Höhe wachsen, wenn mehr Licht auf den Boden fällt. Daher ist sie den meisten Baumarten überlegen. Nur wenige andere Baumarten wie die Eibe, Weißtanne oder der Ilex ertragen die Dunkelheit und können sich langsam entwickeln.
Buchen ergeht es im fortschreitenden Klimawandel schlechter als gedacht. Junge und vor allem ältere Buchen – egal ob im Buchennationalpark Hainich oder im bewirtschafteten Wald – zeigen Stresserscheinungen. Sie bilden kleinere und weniger Blätter aus, wodurch sie weniger Energiestoffe (Zucker) aus dem Sonnenlicht ziehen können. Dadurch werden ihre Vitalität und ihr Wachstum eingeschränkt. Außerdem treten sehr viel häufiger als früher Mastjahre auf, in denen die Buchen große Fruchtmengen produzieren. Gründe liegen neben der Erwärmung auch in dem hohen Stickstoffeintrag mit seiner Düngewirkung. Diese kräftezehrenden Mastjahre verstärken die Ausbildung weniger, kleinerer Blätter anstelle von größeren Blättern.
Für die kommenden Jahre sieht die SDW einen dringenden Bedarf an intensiver Forschung für eine trockenheitstolerantere Buchen-Naturverjüngung. Hier gibt es vielversprechende Ansätze: Forscher:innen haben die komplette Erbinformation von gesunden und stark geschädigten Buchen analysiert und die entscheidenden 100 DNA-Abschnitte für die Dürreresistenz erkannt. Auch die nahe Verwandtschaft unserer Buche mit der orientalischen Orient-Buche bietet Möglichkeiten für tolerante Hybridformen, da sie inzwischen als zwei Unterarten einer einzigen Art gelten. Zusätzlich gilt es, die vitalsten Bäume im Wald zu belassen, damit das beste genetische Material in der Naturverjüngung wieder aufkommt.
Die Stieleiche war 1989 der erste so ausgezeichnete Baum, der aufgrund seiner Bedrohung durch neuartige Waldschäden ausgewählt wurde. Andere Bäume wie die Wildbirne (1998) gehören zu den seltensten Bäumen Deutschlands oder zeigen wie die Ulme (1992) einen starken Bestandsrückgang. Die Beeren der Eberesche (1997) sind für über 60 Vogelarten von Bedeutung und daher für ökologisch ausgerichtete Mischwälder wichtig.
Im Jahr der Wiedervereinigung wurde auf die Linde (1991) als Symbol der Freiheit und des Friedens hingewiesen. Ein besonderer Erfolg war die Wahl des Speierlings im Jahr 1993. Damit wurde der stark gefährdete Speierling vor dem Aussterben bewahrt. Durch die bundesweite Kampagne sind nach Schätzung der SDW mehr als eine halbe Million Speierlinge neu gepflanzt worden.
Während 2004 bei der Tanne und 2006 bei der Schwarzpappel die Seltenheit und die Gefährdung im Vordergrund standen, war bei der Walnuss im Jahre 2008 ihre kulturelle Bedeutung im Mittelpunkt des Interesses. 2010 war bei der Wahl der Vogelkirsche ihr ökologischer Wert ausschlaggebend. 2011 stand die seltene Elsbeere im Mittelpunkt. 2012 ist die Lärche gewählt worden, der einzige Nadelbaum, der im Winter die Nadeln verliert. 2013 war es der seltene Wildapfel und 2014 die Traubeneiche.
Im Jahr 2015 stand der Feldahorn im Mittelpunkt vieler Aktionen, 2016 war es die Winterlinde. Für 2017 wurde die Fichte und für 2018 die Edel- oder auch Esskastanie zum Baum des Jahres gekürt. 2019 stand die Flatterulme im Mittelpunkt, 2020 die Robinie und 2021 die Stechpalme (Ilex). Als Baum des Jahres 2022 steht die Rotbuche im Fokus.